Der TOLERANZBERG FILZMOOS ist ein Platz zum Innehalten, Nachdenken und Erholen.
Errichtet wurde dieser Weg, um an die Vertreibung der Filzmooser Protestanten in den Jahren 1731 und 1732 zu erinnern und den Toleranzgedanken in den Vordergrund zu rücken.
Denn Intoleranz und Toleranz waren damals und sind heute ein Kernthema unserer Gesellschaft. Deshalb ist der Toleranzberg auch als „Übungsparcour“ anzusehen.
Europa wurde damals vom Kaiser, von Königen, dem katholischen Klerus und dem Adel regiert. Sie herrschten über Bürger, Bauern, persönlich Unfreien, Leibeigenen und Hörigen.
Beginn der Entdeckungsreisen (1492 Amerika), Türkengefahr durch die Ausbreitung des Osmanenreiches (1529 erste Belagerung Wiens). Aufstieg des Hauses Habsburg zur europäischen Großmacht.
Beginn der Reformation
31.10.1517 Legendärer „Thesenanschlag gegen den Ablasshandel“ in Wittenberg durch Dr. Martin Luther
Bauernkriege und Aufstände
1524-1526 - Bauernkriege in Deutschland und in Salzburg (zeitgleich Schladminger Bauern- und Knappenaufstand); Bauernhöfe werden niedergebrannt – es gibt Hinrichtungen und Gefangennahmen
1546-1547 Schmalkaldischer Krieg
1548 Beim geharnischten Augsburger Reichstag diktierte Kaiser Karl V. das Augsburger Interim, ein Kompromiss, mit dem aber weder Katholiken noch Protestanten zufrieden waren. Es folgten weitere Unruhen.
1552 - Fürstenaufstand unter Moritz von Sachsen
1552 - 1555 - Mark-Grafenkrieg unter Albrecht II., Markgraf von Brandenburg-Kulmbach
1555 - „Augsburger Reichs- und Religionsfrieden“ (Teil des „Augsburger Reichsabschied“)
Ferdinand I. hat diesen für seinen Bruder Kaiser Karl V. mit den Reichsständen
abgeschlossen.
In den Regelungen zum Religionsfrieden gibt es zwei wesentliche Punkte:
1. Das „ius reformandi“ auch „cuius regio, eius religio, (wessen Gebiet, dessen Religion). Aus dieser Regelung leiteten die Herrscher (Könige, Fürsten, Fürst-Bischöfe, etc.) das Recht ab, über die Religion der Untertanen zu bestimmen.
2. Das „ius emigrandi“ das Recht zu emigrieren.
Dieses Recht zur Auswanderung von Andersgläubigen wurde von den jeweils Herrschenden als „Zwang zur Auswanderung“ interpretiert.
1564/65 Bauernrevolte im Pongau unter der Führung von Hans Steiner und Wilhelm Egger Nach deren Hinrichtung galt für die Nachkommen der Aufständischen der Blutwidderdienst von 1570 bis 1811, die Abgabe eines Widders, bedeckt mit einem roten wollenen Tuch.
1588 Ausweisung der protestantischen Bürger der Stadt Salzburg unter Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau (1587 - 1612, + 1617)
1618 – 1648 Dreißigjähriger Krieg - Durch geschickte Politik und militärische Maßnahmen konnte Erzbischof Graf Paris Lodron (1619 – 1653) diesen Krieg vom Fürsterzbistum Salzburg fernhalten.
1648 Die Regelung im „Augsburger Reichsabschied“ wurde auch im „Westfälischen Frieden“ nach dem Dreißigjährigen Krieg bestätigt.
1684 Ausweisung von ca. 600 Menschen aus dem Defereggental in Osttirol unter Erzbischof Max Gandolf von Kuenburg (1668 - 1687)
1686 - 1691 Vertreibung von 70 Dürrnberger Knappen
Ablegung des Glaubenseides unter Erzbischof Johann Ernst Graf Thun (1687 - 1709)
Nach einer etwas ruhigeren Zeit unter den gemäßigten Erzbischöfen Johann Ernst Graf von Thun (1687 – 1709) und Franz Anton Graf Harrach (1709 – 1727) wurde die Lage der Evangelischen im Salzburger Erzbistum unter Erzbischof Firmian sehr ernst.
Die Evangelischen bitten um Aufschub, es ist schon frostig im Land, der Winter nahe. Es wäre doch viel besser, erst im Frühling das Land zu verlassen, dann könnten Gutsherrn wie Dienstleute gemeinsam ausreisen. Niemand denkt an einen schnellen Vollzug des Emigrationspatents. Sie schwanken zwischen Hoffnung und Resignation. Bis zum 24. November 1731.
„An diesem Tage rücketen gantz unvermuthet zwey Compagnien von den Printz-Eugenischen Soldaten in das St. Johannis-Gericht ein und suchten die Emigration in den Gang zu bringen. Ob auf den Feldern oder Wäldern, auch Aeckern oder Wiesen, auf Bergen oder in Thälern, auf Strassen oder zu Hause, egal wo man dergleichen Leute antraff, so hieß es fort, fort! Niemand durfte von seinen Lieben Abschied nehmen, nicht einmal Kleidung holen.
Man trieb sie wie das Vieh fort. Wenn es sein mußte auch mit Gewalt.
(Gerhard Gottlieb Günther Göcking, 1705-1755)
1. Schub Unangesessene – 29. November 1731
152 Personen aus dem Gerichtsbezirk Radstadt, davon 15
aus Filzmoos (Oberfritz)
„ …alda ist auch anzumörkhen, das einige bey dem ersten Schub mit anderen mehr zuruckh gewisen
worden under das ausgeschickhte Commando bey der Nacht gerathen und weil einige mitgeweste
Evangelische, jedoch unwissend durch wembe, auf gedachtes Commando mit Stain geworfen worden,
ist der sogenannte Zwisl Sohn Michael Salchegger am Armb mit einem Schuß, und Leonhardt Schaidt
Paur Sohn am Clainberg mit ainen Beionetstoß plessiert worden … “(Chronik Hüttau)
In Golling und Hallein werden die durchziehenden „Exulanten“ mit Spottworten hart
verhöhnt. Nur die evangelischen Dürrnberger Bergleute und Salzarbeiter spenden ihnen
herzlichen Trost und wünschen ihnen Gottes Segen.
In der Stadt Salzburg hören sie wieder Beschimpfungen, harte Worte, Drohungen, es
geschehen letzte Versuche, die Emigranten zu bekehren.
Es geht weiter nach Teisendorf, sie müssen dort 14 Tage auf die Genehmigung des
Kurfürsten warten, um durch Bayern ziehen zu dürfen.
2. Schub – 15. Februar 1732
531 Personen aus dem Gerichtsbezirk Radstadt, davon 139 aus Filzmoos
Die Behörden teilen die Evangelischen in verschiedene Gruppen ein. Die gefährlichste
Gruppe sind die „Rebeller“, das sind jene, die anderen etwas vorgelesen oder vorgesungen
haben. Ihr „Verbrechen“ wird in den Pass eingetragen, ebenso die Haftstrafen.
3. Schub – 15. März 1732
154 Personen aus dem Gerichtsbezirk Radstadt, davon 14 aus Filzmoos
Wer den Eid auf die katholische Kirche nicht ableistet und sich zu den Evangelischen
bekennt, bei dem wird „Refractario“ (= Widerspenstiger) im
Pass eingetragen.
4. Schub – 29. März 1732
847 Personen aus dem Gerichtsbezirk Radstadt, davon 138
aus Filzmoos
Das sind jene, die die katholische Obrigkeit aus irgendeinem
beliebigen Grund loswerden will. Ihnen wird in den Pass
eingetragen, dass sie freiwillig ausziehen wollen, obwohl sie
dazu gezwungen werden.
5. Schub Angesessene – 13. Juni 1732 (Werfen)
826 Personen aus dem Gerichtsbezirk Radstadt, davon
58 aus Filzmoos
Alte, Kranke, Gebrechliche und Schwache, Schwangere, die um den Tag der für sie
bestimmten Abreise ihre Niederkunft erwarteten, niemand wurden verschont, alle mussten
fort. Hieraus entstand eine unerhörte Verwirrung und ein unbeschreibliches Elend. Man
trennte Eheleute, Verwandte, Nachbarn und Bekannte. Wer sich der Trennung wiedersetzte
wurde geschlagen; niemand wusste, wo er die Seinigen suchen sollte und wieder finden
könnte.
Die Evangelischen Delegierten und Gesandten beim Regensburger Reichstag forderten den Kaiser in Wien auf, er solle den Fürsterzbischof in die Schranken weisen. Preußen, Dänemark, Holland und England schalteten sich ein. Der Salzburger Fürsterzbischof wehrte sich gegen jede Einmischung von außen.
6. Schub Angesessene – 26. Juni 1732 807 Personen aus dem Gerichtsbezirk Radstadt, davon 229 aus Filzmoos -
vorwiegend Hofbesitzer und deren Familien
Die ersten Emigranten (die Unangesessenen – Dienstboten, Tagelöhner, Handwerksburschen, etc.), fanden zum Großteil auf ihrem Weg durch die
deutschen Länder und Städte Arbeit und Unterkunft.
Aufgrund des Einladungspatents vom 2. Februar 1732 von König Friedrich Wilhelm I. von Preußen wurden die nachfolgenden Züge überwiegend
nach Ostpreußen geleitet. So kamen etwa 16.000 Emigranten nach Ostpreußen, wovon ca. zwei Drittel auf den Seeweg und ein Drittel auf dem Landweg mit ungefähr 780 Pferdefuhrwerken durch Pommern nach Ostpreußen gelangten, da den Pferden die lange Schiffsreise nicht
zugemutet werden konnte.
Das Zentrum der Ansiedlung der Salzburger war die Stadt Gumbinnen (heute Gusev,
Russland). Aber sie wurden auch um die Gebiete von Stallupönen, Pillkallen, Wehlau, Ragnit,
Tilsit, Memel, Goldap, Rastenburg, Insterburg, Lapiau, Tapiau) angesiedelt.
Bemerkenswert ist und es stellte sich bald heraus, dass die Salzburger eine bedeutend
bessere Art der Bodenbewirtschaftung (durch Düngung der Felder und Wiesen mit Stallmist),
sowie der Haus- und Nutztierhaltung kannten. Die preußischen Beamten äußerten sich
immer wieder lobend darüber, wie die Salzburger so viel von der Viehhaltung verstünden.
Ihre anfänglich von den Einheimischen abgelehnten Arbeitsgeräte für die Landwirtschaft
wurden mit der Zeit jedoch nachgeahmt und übernommen. Dazu gehören die verschiedenen
Sensenarten und die „Hoanzlbank“ zur Herstellung von Holzschindeln. Sie leiteten somit den
Übergang von der Strohbedeckung zum Schindeldach bei den Bauernhäusern ein.
Georgia/USA
Ein kleiner Trupp von Emigranten (ca. 300) folgte der Einladung König Georgs II. von
Großbritannien nach Georgia/Amerika. England wollte den südlichen Teil von Carolina
kolonisieren. Voraussetzung war allerdings die Annahme der englischen Staatsbürgerschaft.
Aus Filzmoos zog niemand nach Eben-Ezer, so nannten sie die Siedlung der Salzburger.
Holland
Auch Holland machte das Angebot, Salzburger Emigranten (Dürrnberger Knappen)
aufzunehmen. Man garantierte ihnen gleiche Rechte und Pflichten wie die den
Einheimischen, freie Religionsausübung, nebst Pfarrer und Lehrer in eigener Sprache, etc.
Aber sehr viele Salzburger starben am „Flämischen Fieber“, deswegen verließen fast alle
wieder das Land.